Türkei & Kultur

Keine Luft zum Atmen! - Türkei: Unter welchen Druck geraten Kulturschaffende?

In der Türkei haben es Theatermacher, Schriftsteller, Journalisten und allgemein Medienleute sehr schwer. Sie müssen mit Zensur und Verfolgung durch den Staat rechnen. Berühmtestes Beispiel ist der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel, der seit 14. Februar 2017 in der Türkei in Untersuchungshaft sitzt.

Bereits seit den Gezi-Protesten, besonders aber seit dem Putschversuch vom Juli 2016 sind Medienmacher massiver politischer Beeinflussung ausgesetzt. Staatliche und städtische Theaterbühnen zum Beispiel sind staatlich durchkontrolliert. Regisseur Frank Heuel äußerte sich dazu: „Die sind zentral gesteuert, jeder Spielplan wird vorgelegt, die Besetzungen werden gecheckt, die Regisseure, die Schauspieler, die einzelnen Stoffe, dann die Inszenierungen. Während der Inszenierung kommt nochmal jemand vorbei und guckt. Da geht also überhaupt nichts.“ Soll heißen, wer nur ansatzweise Kritik an der aktuellen Regierung übt, wird festgenommen. Unliebsame Schauspieler und Regisseure werden einfach aus Proben „rausgeholt“.

Für die freien Theater wurden außerdem die Steuereinnahmen erhöht. Normalerweise zahlen Theater in Istanbul zehn Prozent auf alle Eintrittseinnahmen. Wenn nun aber ein Stück gespielt wird, welches nicht auf der „guten Liste“ steht, werden 18% fällig. So wird das freie Theater einem wirtschaftlichem Sterben zugeführt.

Einige Künstler treibt jedoch weiterhin ein Widerstandsgeist an. Gerade in kritischen Zeiten wird Material für die Kunst geschaffen. „Gut für die Kunst – aber schlecht für die Künstler“, meint Regisseur Emrah Eren.

Der bislang heißeste Fall von Repression und Verfolgung stellt die Inhaftierung des deutsch-türkischen Journalisten und Literaten Deniz Yücel dar. Yücel arbeitete von 2007 – 2015 als Redakteur für die tageszeitung (taz) und ist seit 2015 Türkei-Korrespondent für die WeltN24-Gruppe. Seine regierungskritische Berichterstattung für die „Welt“ brachte ihn in der Türkei hinter Gitter.

Einige Aussagen von Yücel skizzieren anschaulich, was in der Türkei momentan schief läuft. So schrieb der Journalist, der Umsturzversuch sei ein „Geschenk Allahs“ für den türkischen Präsidenten. Dabei hatte Erdogan selbst es als „Gunst Gottes“ benannt. Yücel schrieb über die Abstimmung des Präsidial-Systems im April, dass „Erdogan mittels eines Referendums seiner Diktatur Macht verleihen wolle“. So steht es im Gerichtsprotokoll. Und obwohl die Oppositionsparteien und auch deutsche Politiker das ähnlich sehen, stoßen solche Aussagen in der Türkei auf Widerstand und sind Grund genug, einen deutsch-türkischen Journalisten wegen „Propaganda für eine terroristische Vereinigung und Aufwiegelung der Bevölkerung“ anzuklagen.